Drei-Tage-Gebet mit Pater Kentenich

 

1.   Tag:

 

Gott sieht mich

 

Aus der Heiligen Schrift

 

Herr, du hast mich erforscht, und du kennst mich.

Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken.

Ob ich gehe oder ruhe, es ist dir bekannt; du bist vertraut mit all meinen Wegen...

Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf mich.

Zu wunderbar ist für mich dieses Wissen, zu hoch, ich kann es nicht begreifen.

Du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter.

Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast.

Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke.

Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen. Deine Augen sahen, wie ich entstand.

 

(Ps 139, 1 ff)

 

Besinnung

 

Der liebevolle Blick eines Menschen tut gut und baut auf. Wir alle haben das Verlangen, gesehen und nicht übersehen zu werden. Wenn wir einer Person begegnen, die bewusst an uns vorbei-schaut, die wegschaut, wenn wir kommen, dann ist das sehr verletzend.

 

Wenn mich jemand anschaut, dann heißt das: Er schenkt mir Zeit, wenigstens einen Augenblick lang. Er möchte wissen, wie es mir geht. Er sucht Gemeinschaft mit mir und lässt sich auf mich ein. Er bestätigt, dass ich eine Person mit Würde bin.

 

Wir alle brauchen lebensnotwendig den aufmunternden Blick unserer Mitmenschen. Er ist Sonne für unser Herz. Alltagssorgen, Stress, Arbeitsdruck, Belastungen verlieren an Gewicht, wenn uns mittendrin jemand freundlich anschaut. Solch ein kurzer Blickkontakt verändert uns im Inneren. Er lässt ein Licht, ein Lächeln, ein wenig Wärme in uns zurück.

 

Wie viel Freude und Geborgenheit kann uns in dieser Hinsicht unser Glaube schenken, dass Gott kein Es ist, sondern ein Du. Er ist mein Vater, der voll Liebe auf mich blickt, jede Sekunde meines Lebens. Ich bin kostbar in seinen Augen. Ich bin sein Augenstern.

Er schaut nicht nur auf die Welt im allgemeinen herab, sondern auf mich ganz persönlich.

 

Seine liebevollen Augen ruhen auf mir, wenn ich arbeite und wenn ich mich entspanne, wenn ich fröhlich bin und wenn mich Sorgen quälen. Er sieht mich auch jetzt, in der Situation, in der ich mich gerade befinde. Gott weiß um mich, er weiß um mein Leid, um meine Hoffnungen und Ängste. Er versteht mich in meinem Schmerz. Ich bin ihm nicht gleichgültig.

 

»Der mich behütet, schläft nicht.« (Vgl. Ps 121,4) Dieses Wissen genügt. Ich brauche nicht zu verzweifeln. Ich darf vertrauen: Alles wird gut.

 

Vielleicht hat Gott meine Notsituation auch deswegen zugelassen, damit ich meinen Blick wieder mehr auf ihn richte, weg von den vielen Nebensächlichkeiten, die mich sonst beschäftigen und ganz in Anspruch nehmen. Wenn ich von meinem Dunkel auf-schaue in das Licht Gottes, dann wird mein sorgenvoll enger Blickwinkel geweitet. Ich kann Sicherheit finden in dem Bewusstsein, dass ein Größerer mich beschützt und führt.

 

Es ist eine Frage der Liebe, dass ich Gottes Blick bewusst suche und beantworte - auch heute.

 

Wir sind nicht allein. Gott sieht uns. Das ist die Botschaft, die Pater Kentenich zu künden nicht müde wurde. Sie entspricht seiner persönlichen alltäglichen Erfahrung und sie hat ihn gerade in den so zahlreichen Notsituationen seines Lebens getragen.

Eine Begebenheit aus den jungen Jahren Pater Kentenichs ist wie eine Ritze, die uns etwas vom Geheimnis seiner Ruhe und Kraft verrät.

 

Im neunten Lebensjahr bringt die Mutter ihren Sohn Josef in ein Waisenhaus. Sie sieht sich auf Grund familiärer Verhältnisse dazu gezwungen. Josef muss also das heimatliche Dorf gegen eine unbekannte Großstadt, die familiäre Geborgenheit gegen eine fremde Erziehungsanstalt mit strenger Disziplin und wenig persönlichem Freiraum tauschen. Ein tiefer Einschnitt im Leben eines achtjährigen Jungen! In dieser schwierigen Situation weiht die Mutter ihren Sohn der Gottesmutter. Sie tätigt diese Weihe vor einer Statue, die in der Hauskapelle des Waisenhauses steht. Dabei hängt sie ihr Erstkommunionkreuz - wohl eines ihrer kostbarsten Besitzstücke - um den Hals der Muttergottesstatue. Ein deutliches Zeichen, dass sie Maria ihr Herz anbietet.

Josef vollzieht die Weihe sehr wach mit. Sie wird für ihn zu einem besonderen Augenblick der Gnade. Er spürt: Maria ist jetzt meine Mutter. Sie schaut mit ihren gütigen Mutteraugen auf mich. Ich bin nicht allein.

 

Josef schenkt sich in dieser Stunde der Gottesmutter.

 

Durch die Gottesmutter berührt Josef die Liebe Gottes. In seinem Herzen versteht er, dass Gott ihm auch im Waisenhaus nah ist und ihn nicht aus den Augen lässt. So einsam sich Josef auch unter seinen vielen Kameraden fühlen mag, er weiß, wo er in jedem Fall Halt und Geborgenheit findet. Als er einmal zur Strafe in den Schlafsaal geschickt wird, findet man ihn dort später allein kniend und betend vor.

 

 

Viele Jahre später konnte er sagen:

 

»Wenn mich ein X-Beliebiger anschaut, dann ist es mir gleichgültig oder unangenehm. Bei Gott ist es mir aber lieb. Er hat mich gern, deshalb schaut er mich an. Möge uns der liebe Gott die Überzeugung schenken: Er, der große, unendliche Gott sieht mich, er weiß um mich, er weiß von mir, er schaut auf mich. Der, der die Zügel meines Lebens in der Hand hat, ist der Vatergott. Er schaut immer mit Wohlgefallen auf mich herab, und meine Größe soll darin bestehen, dass ich mich immer wieder in dieser Überzeugung und Einstellung erneuere.«

 

 

Gebet

 

Gott, mein Vater,

 

du bist da und du siehst mich.

Meine Sorgen, meine Zweifel, meine Schmerzen -

alles liegt offen vor dir.

Stärke mich,

denn meine Kraft ist nur schwach.

Führe mich, denn ich weiß nicht,

wie es weitergehen soll.

Beruhige mich, denn so viele Fragen machen mir Angst.

 

Du bist da und du siehst mich.

Heute -

lass mich unter deinen Augen leben,

lass mich deinen liebenden Blick suchen,

lass mich erfahren,

dass du tatsächlich für mich sorgst.

 

Ich will dir vertrauen,

so gut ich eben kann.

Amen.

 

 

Anregungen für mein persönliches Leben heute

 

• Ich steige heute wenigstens einmal kurz aus dem Alltagsgetriebe aus und setze ich mich auf eine ruhige Parkbank oder in eine Kirche oder in einen gemütlichen Winkel bei mir zu Hause und halte mich meinem Gott hin mit all meinen Gedanken und Gefühlen, mit all dem, was mir zu schaffen macht.

• Ich suche die Blicke der Liebe Gottes in meinem Tag (der freundliche Blick eines anderen, das gute Essen, die grüne Ampel...).

 

• Ich schaue den Menschen heute in die Augen (der Kassiererin im Supermarkt, den Kollegen, meinem Ehepartner, den Kindern, dem Nachbarn...), denn auch durch sie will Gott mich anschauen und mir begegnen.

 

Gebet um die Seligsprechung von Pater Kentenich (Seite 30)

 

Gebet um die Seligsprechung von Pater Kentenich

 

Gott, guter Vater,

ich danke dir, dass du uns immer wieder Menschen schickst, die uns deine Liebe weitergeben. Ich danke dir für Pater Kentenich und die Botschaft seines Lebens.

Gib mir die Kraft seines Glaubens, dass du mich siehst, liebst und gebrauchen willst.

 

In meiner Not vertraue ich mich ihm an.

Gewähre ihm durch Maria,

die Dreimal Wunderbare Mutter,

Königin und Siegerin von Schönstatt,

um was er für mich bittet.

Gib mir aber auch die Bereitschaft, mich auf andere Wege einzulassen,

wenn du es so vorgesehen hast.

 

Schenke Pater Kentenich bald die Ehre der Altäre, damit viele Menschen durch ihn an deine Liebe glauben lernen.

Dann werden sie sich auch von dir gebrauchen lassen,

um eine neue Welt der Liebe zu schaffen. Amen.

 

Maria, im Bündnis mit dir hat Pater Kentenich alle Schwierigkeiten seines Lebens gemeistert. Mit ihm möchte ich mich dir ganz anvertrauen:

O meine Gebieterin, o meine Mutter, dir bringe ich mich ganz dar.

Und um dir meine Hingabe zu bezeigen,

weihe ich dir heute meine Augen,

meine Ohren, meinen Mund,

mein Herz, mich selber ganz und gar. Weil ich also dir gehöre, o gute Mutter, so bewahre mich, beschütze

mich, als dein Gut und dein Eigentum.

Amen.