2.3. Ja sagen, wie es die Jungfrau Maria tat

 

Maria besucht Elisabeth, die beim Treffen jubelnd fragt: „Wie ist es möglich, dass die Mutter meines Herrn mich besucht?“

 

Der Herr tritt in Maria und durch Maria in Erscheinung; der König der Welt ist der Schöpfer des Universums! Wie wurde Maria zur Mutter des Herrn? Durch eine göttliche Wahl. Das kam einzig und allein nur auf Gott an. Er wählte Maria als Mutter Gottes aus, in seiner göttlichen Weisheit, Heiligkeit und in seinem schaffenden Willen. Maria ist ihrer Schöpfung treu, wenn sie dem Herrgott treu ist. Sie trifft die wertvollste Entscheidung ihres Lebens, als sie dem Engel ihr ´Ja´ sagt.

 

Sie weiht sich Gott, sie ist also die Unbefleckte Empfängnis. Das zeichnet sie aus. Das heißt: Ich gehöre ganz Gott, „Ich bin die Magd des Herrn…“ Im ursprünglich griechischen Text bedeutet das Wort auch „Sklave“. Maria ist freiwillige „Sklavin“ Gottes. Gott richtet jedoch keinen Diener zugrunde. Maria ist Teil einer vollkommenen Beziehung (genauso wie die Blütenblätter einer Frucht, das Blaue des Himmels, die Reinheit des Wassers, der Aufbau der Atome oder die Variationen der chemischen Verbindungen.) Dies versetzt uns in Staunen, denn es macht die Hand Gottes in seinen Schöpfungen sichtbar und ruft uns auf Ihm zu dienen!

 

Die Mutter Gottes, die Heilige Jungfrau Maria hört dem Herrn gebührend zu, mit Wille, Hingabe und Dienst - bis zum Tode. Als Maria ihre Tante Elisabeth besucht, trägt sie schon ihren Heiligen Sohn in ihrem Leibe. Es erscheint nicht nur der Herr als Leibesfrucht, sondern auch die menschliche Beziehung der beiden, die dem Herrn von Anfang an zu eigen ist. Durch diese menschliche Beziehung hüpft das Kind, Johannes der Täufer, in Elisabeths Leibe. Schon als Leibesfrucht wird ihm auch diese bestimmte menschliche Beziehung zuteil, die Maria zu ihrem Kinde hat. Diese Beziehung, durchwoben vom Heiligen Geist, begleitet Johannes den Täufer sein ganzes Leben lang: Er ist vom Heiligen Geist erfüllt. Sogar Herodes schätzte Johannes den Täufer, denn auch er hatte eine gewisse Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Respekt, doch bei einer „Party“ – wie man es heute sagen würde – gibt er doch den Befehl, Johannes zu töten, damit er den Wünschen seiner Umgebung und seinem Versprechen nachkommt. Das ist gleichzeitig der Untergang der jeweiligen Macht eines Menschen. Herodes schätzt seine Erkenntnis über Johannes den Täufer nicht, er ist dieser nicht treu, deshalb reißt ihn seine Umgebung mit, die Laune der Anwesenden, die zur sündigen Unterhaltung zusammenkamen, von der er sich entziehen könnte, wenn er auf sein Gewissen und auf die göttlichen Eingebungen gehört hätte.

 

2.3.1. Wohlwollen: Wollen wir Gott aus tiefstem Herzen folgen?

 

Die Erscheinung der Engel auf dem Weg der Hirten, die zum Jesuskind eilten, versetzt sie in Staunen, doch in Wahrheit schließen sie sich der Huldigung und dem Gebet der Jungfrau Maria für das Jesuskind und der dienenden Liebe Josefs an. Marias Keuschheit, ihr Gott geweihtes Leben und Gottes schenkende Liebe, die Maria zur Mutter macht, verflechten sich mit der Huldigung der Hirten und der Engel. Und nicht nur mit jenen, sondern mit allen, je nach ihren Berufungen und Aufgaben: „Lob sei Gott im Himmel und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind.“ So betet die Seele in uns.

 

Dem Wohlwollen ist es zu verdanken, dass die Hirten dem Ruf des Engels folgen und aufbrechen. Derselbe Heilige Geist führt uns. Unser Wille entscheidet, ob wir den Aufruf Gottes wollen und befolgen.

 

Unser ursprünglicher Verstand gehört Gott, der menschliche Verstand folgt diesem, dazu braucht man aber Wohlwollen. Es gibt dafür zahlreiche Beispiele: Die Fragen der drei Weisen: „Wo ist der König der Juden?“ – erschüttert ganz Jerusalem. Sie, die Auserwählten, erwarten den Messias, ihr Verstand sieht die Wahrheit, doch ihr Willen zögert, denn sie haben Angst vor Herodes. Das ist kein Zufall. Herodes wollte das Kind töten lassen. Sein Machtstreben in seiner Herrschaft beschmutzte seinen unreinen, Gott nicht beachtenden Willen. Er geht nicht mit dem erwählten Volk, das den geistigen Weg der Keuschheit geht. Die Weisen jedoch huldigten Jesus. Ihr Verstand, und ihre Weisheit, ihr Wissen (das systematisierte Wissen)) huldigt Jesus. Sie verloren nicht die erste Freude des Erkennens, sie waren keine Sklaven der Schaustellung ihres Wissens, ihr Wissen gab der Quelle Respekt, Gott, vor dem sie huldigten, den sie anbeteten. So sind sie für die Wahrheit frei, sie beten den Erlöser, den König an. Diese Huldigung nahm ihnen nicht die Freude, im Gegenteil, sie vervollständigte sie! Ihr Verstand betete die Quelle ihres Daseins, die nie versiegende lebendige Quelle an. Durch ihre in Gott verbleibende Beziehung bleibt ihr Wissen immer lebendig, voller Wohlwollen. Ihr Wissen bleibt „keusch“, d.h. rein durch die Huldigung.

 

2.3.2. Rein, jungfräulich sein: frei mit Gott zu leben

 

Die Wahrheit macht euch frei“ (Joh.7.31) – sagt Jesus, der keusch ist. Die Tugend der Keuschheit ist kein Tabu, keine Götze, oder ein Ideal, das vom Normalen abweicht. Es gibt zum Beispiel zwischen Maria, die sich ihrer Berufung bewusst ist, und den einfachen, anständigen Hirten eine tiefe Beziehung.

 

Wie viele junge Leute beschweren sich: Das ist ein Wert, vor dem wir Angst haben. Es gibt eine gesellschaftliche Norm, wonach die Tugend der Keuschheit (moralische Reinheit, Enthaltsamkeit, Sittsamkeit) nicht normal ist. Für sie muss man zwar leiden oder auf einiges verzichten, doch sie führt zu einem unschätzbaren Wert: Zu Gott, zu einem lebendigen Treffen mit Ihm. Man will uns einreden, dass uns die Tugend der Keuschheit etwas raubt. Doch wo unser freier Wille Gottes Liebe begegnet, beginnt das Leben – dazu wird jeder eingeladen.

 

Betrachten wir doch in diesem Zusammenhang die Reinheit eines Kindes, seine Liebe zu Gott. Ich möchte wegen der oft belastenden Familensituationen unserer Zeit (wie das Leid, der in Krisen geratenen Familien, die in wirren sündigen Beziehungen leben, auf die Kinder übertragen wird) diesen Vergleich gebrauchen: Das Jesulein ist keusch, völlig rein und achtet auf Gott.

 

Nette Geschichten aus der Kindheit Jesu drücken sich in unseren schönsten kirchlichen Feiertagen aus, wie etwa beim Weihnachtsfest oder bei der Darstellung Jesu im Tempel. Nach dieser Liebe sehnen wir uns. Darum geht es auch im Rosenkranz, der während unseres Nachsinnens unser Leben nährt.

 

Wir können den zwölfjährigen Jesus im Tempel unbefleckt nennen. „Er erstaunt sie“. Die Tempeldiener huldigen Jesu genauso wie Jesus seinen Vater huldigt, so wird der Wunsch Gottes für das Volk, im Herzen der Tempeldiener, erfüllt. Welch großes Geschenk dieses Staunen doch ist! Das Staunen geht noch weiter: Man fragt Jesus und hört ihm zu. Vor einem Kind hat man keine Angst. Ein Kind ist kein Rivale. Deshalb drangen die Worte Jesu ins Herz der Zuhörer. Beim Staunen wird das Geheimnis Gottes Gegenwart. Dies verlangt aber weitere Schritte: Stille und ungestörtes Gebet. Es gibt jene Zuhörer, die es schaffen, andere wiederum nicht.

 

Dieselben Priester haben später Angst vor Jesus. „Mit welcher Macht oder in wessen Namen tust du das?“ – fragen sie dann, und das nicht mehr mit Wohlwollen.